Die Analyse der amtlichen Statistiken für das erste Halbjahr zeigt eine Industrie, die sich an die neuen globalen wirtschaftlichen Realitäten anpasst
Die deutsche Möbelindustrie, eine der bedeutendsten weltweit und ein Barometer für die gesamte europäische Branche, verzeichnete im ersten Halbjahr 2025 einen Umsatz von 7,9 Mrd. Euro, 5,1% weniger als im Vorjahreszeitraum. Diese Zahlen, die gestern, am 26. August 2025, auf der Jahrespressekonferenz des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie (VDM) vorgestellt wurden, spiegeln eine Branche wider, die mit komplexen Herausforderungen an vielen Fronten konfrontiert ist.

Binnenmarkt unter Druck, Exporte halten sich besser
Die Unterschiede zwischen der Entwicklung auf dem Inlands- und dem Auslandsmarkt sind erheblich. Auf dem deutschen Markt sank der Umsatz um 6,2% auf 5,2 Mrd. €, während die Exporte einen moderateren Rückgang von 2,9% auf 2,7 Mrd. € verzeichneten. Infolgedessen stieg der Exportanteil leicht auf 34,1%, verglichen mit 33,4% im Jahr 2024.

Jan Kurth, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie (VDM), erklärte, dass "unsere Branche nach wie vor mit schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen konfrontiert ist: international durch die vielfältigen Auswirkungen der US-Zollpolitik, aber vor allem auf dem heimischen Markt".

Technische Arbeitslosigkeit bedroht jeden dritten Hersteller
Die schwierige Situation wird auch durch die Pläne der Unternehmen für das dritte Quartal bestätigt: 36% von ihnen planen die Einführung technischer Arbeitslosigkeit, eine Maßnahme, die den wirtschaftlichen Druck unterstreicht, unter dem der Sektor steht.
Zu den Hauptsorgen der Unternehmen gehören das schwache Konsumklima und der Rückgang im Wohnungsbau. Die neue Bundesregierung hat zwar Maßnahmen zur Vereinfachung und Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren vorgeschlagen, aber "ohne eine Stärkung und Aufstockung der Finanzierungsprogramme und zusätzliche eigenkapitalersetzende Maßnahmen können die notwendigen Impulse nicht gesetzt werden", so Kurth.
Übertriebene Bürokratie wird zu einer wachsenden Belastung
Ein wachsendes Problem für die Industrie ist der übermäßige bürokratische Aufwand, wie er beispielsweise durch die EU-Abholzungsverordnung (EUDR) entsteht: Die Verpflichtung zum Nachweis abholzungsfreier Lieferketten bedeutet für die Industrie einen enormen Datenübertragungsaufwand.
Nach einer aktuellen Umfrage des Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie können die Kosten für die Umsetzung der EUDR bei Möbelherstellern bis zu sechsstellige Beträge erreichen, hinzu kommen hohe Betriebskosten und zusätzlicher Arbeitsaufwand.
Moderate Erholung in der zweiten Jahreshälfte erwartet
Für den Herbst rechnet Kurth mit einer "leichten Belebung der Möbelnachfrage im Vergleich zum ersten Halbjahr". Erfahrungsgemäß wenden sich die Menschen nach dem Ende der Urlaubssaison wieder den eigenen vier Wänden zu. "Steigende Realeinkommen werden aus unserer Sicht dazu beitragen, aufgeschobene Möbelkäufe zu realisieren", so Kurth weiter.
Die Branche setzt zudem auf den Renovierungsbedarf. Vor diesem Hintergrund wird für das Gesamtjahr 2025 ein Rückgang der deutschen Möbelindustrie um rund 3% prognostiziert, der allerdings nicht so stark ausfallen wird wie im Vorjahr, als der Umsatz um 7,8% auf 16,3 Mrd. Euro sank.
Unterschiedliche Leistung nach Segmenten
Alle verbraucherorientierten Segmente schnitten in den ersten sechs Monaten schlechter ab als im Vorjahreszeitraum, wobei es zwischen den einzelnen Sektoren dramatische Unterschiede gab, wie aus der Grafik zur Segmententwicklung hervorgeht.

Das Segment Küchenmöbel erwies sich als das stabilste, mit einem Rückgang von nur 2% auf fast 2,9 Mrd. €, wo auch eine Stabilisierung der Aufträge zu verzeichnen war. Das Segment "Sonstige Möbel" (einschließlich Wohn-, Ess- und Schlafzimmermöbel sowie Möbelteile) erzielte einen Umsatz von 2,4 Mrd. €, was einem Rückgang von 5,3% im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
In den anderen Segmenten ist die Situation noch dramatischer: Der Umsatz der Polstermöbelhersteller sank um 8% auf 467 Mio. €, während das kleinste Segment der Branche - die Matratzenindustrie - einen verheerenden Rückgang von 18,8% auf 217 Mio. € verzeichnete.
Die Auswirkungen der US-Zölle auf den Welthandel
Die deutschen Möbelexporte weisen auf den wichtigsten Märkten erhebliche Unterschiede auf, wie die Grafik zur Exportleistung nach Ländern zeigt. Die Verkäufe nach Frankreich, dem größten Exportmarkt, lagen um 3% unter dem Niveau des Vorjahres. Auch die Möbellieferungen nach Österreich (-4,2%), in die Niederlande (-0,7%) und in das Vereinigte Königreich (-5%) gingen zurück.

Demgegenüber konnte die Schweiz einen Zuwachs von 1,1% verzeichnen und die Ausfuhren nach Italien stiegen um 1,6%. Besonders ermutigend ist das starke Wachstum der Exporte nach Spanien von 6,1%, das hauptsächlich auf den boomenden Wohnungsbau des Landes zurückzuführen ist.
Die Vereinigten Staaten sind der wichtigste außereuropäische Markt für Möbel "Made in Germany", wo der Umsatz in der ersten Jahreshälfte um 3,7% auf rund 132 Mio. € gestiegen ist. Die Aussichten sind jedoch unsicher: Die meisten Unternehmen erwarten negative Auswirkungen der US-Zölle in Höhe von 15%, wie eine aktuelle Umfrage ergab. 851TPTP3T der in den USA tätigen Möbelhersteller rechnen mit einem Rückgang der Ausfuhren in die USA.
Kaskadeneffekte des Handelskriegs
Bei den Exporten nach China, dem größten Möbelmarkt der Welt, mussten die deutschen Hersteller erhebliche Einbußen hinnehmen (-42%). Der Grund dafür ist der verschärfte Wettbewerb auf dem chinesischen Markt, nachdem hohe US-Zölle auf chinesische Möbel die chinesischen Hersteller dazu veranlasst haben, nach mehr Möglichkeiten auf dem heimischen Markt zu suchen.
Die Auswirkungen der US-Zollpolitik machen sich auch bei den Möbelimporten nach Deutschland bemerkbar: Aufgrund der zollbedingten Absatzschwierigkeiten chinesischer Möbel auf dem US-Markt gelangen noch mehr Möbel aus China auf den deutschen Markt. Die Grafik der Importverteilung verdeutlicht diese dramatische Realität: In der ersten Jahreshälfte stiegen die chinesischen Möbelimporte um rund 25% auf 1,7 Mrd. €, wobei der Anteil Chinas an den deutschen Möbelimporten mittlerweile 30% beträgt.

Das zweitwichtigste Lieferland ist Polen mit einem Anteil von 28%. Die Einfuhren aus Polen stiegen um fast 9% auf fast 1,6 Mrd. €. Auch die Möbellieferungen aus Italien (+27%) und Vietnam (+21%) nahmen deutlich zu.
Insgesamt stiegen die Möbelimporte nach Deutschland um fast 15% auf 5,6 Mrd. €. Der besorgniserregendste Aspekt, der in der Grafik zur Entwicklung des Importanteils deutlich wird, ist, dass der Importanteil am deutschen Möbelmarkt von 53,1% im Jahr 2024 auf 59,8% im ersten Halbjahr 2025 sprunghaft angestiegen ist - ein Anstieg um fast 7 Prozentpunkte in einem einzigen Jahr.
Perspektiven für eine Industrie im Wandel
Die deutsche Möbelindustrie mit 400 Unternehmen (mit 50 und mehr Beschäftigten) und insgesamt rund 69.000 Beschäftigten befindet sich in einer Phase der strategischen Neudefinition. Aktuelle Herausforderungen - von der schwierigen wirtschaftlichen Lage über Veränderungen im internationalen Handel bis hin zu zunehmendem bürokratischen Druck - erfordern Anpassung und Innovation.
Die Hoffnungen auf einen Aufschwung beruhen auf der Erholung der Inlandsnachfrage im Zuge der Stabilisierung der Wirtschaft und der Fähigkeit, die Komplexität der neuen internationalen Handelsregeln zu bewältigen. Für eine Branche mit einer langen Tradition von Qualität und Innovation können diese Herausforderungen letztlich zu Chancen werden, ihre Position auf dem globalen Markt zu stärken.
Der Artikel basiert auf offiziellen Angaben, die auf der Jahrespressekonferenz der Verbände der Deutschen Möbelindustrie am 26. August 2025 in Köln vorgestellt wurden.




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